Föderalistische Union Europäischer Nationalitäten
Wählen Sie Ihre Sprache
  • EN
  • DE
  • DK
  • FR
  • HU
  • RU
  • TR

Was Sprachen wert sind – und wie man die Sprache der Nachbarn am besten lernt

Der wirtschaftliche Mehrwert von Sprachen in der grenzübergreifenden Zusammenarbeit war gestern der erste große Themenschwerpunkt des Forums der europäischen Minderheitenregionen. Der Wirtschaftswissenschaftler Prof. Bengt-Arne Wickström (Universität Budapest, Titelfoto) beleuchtete in seinem Vortrag den Mehrwert von Sprachenvielfalt für die Wirtschaftsleistung von Regionen – schließlich erleichtert eine gemeinsame Sprache den Kontakt und fördert den Handel. „Minderheiten- und Regionalsprachen sind also ein wertvolles Gut, das man fördern sollte“, sagte der Forscher.

Viele Studien hätten gezeigt, dass in der Arbeitswelt nicht nur Englisch zähle, sondern auch andere, kleinere Sprachen von großer Relevanz sein können. „Es ist wichtig, dass man dafür sorgt, auch andere Sprachen zu pflegen, um eine Palette unterschiedlicher Sprachen im Land zu haben. Das berücksichtigt die Bildungspolitik meiner Meinung nach zu wenig. Im Gegenteil, die Tendenz geht eher weg davon“, so Wickström.

Im Folgenden wurde dies an konkreten Beispielen verdeutlicht:

Artjoms Ivlevs, Professor an der Universität Lettland, gab einen Einblick in den Mehrwert der russichen Sprache in den baltischen Ländern. Seine Studien dort haben gezeigt: Je mehr Immigration, desto mehr Handel und Auslandsinvestitionen und desto größer der Arbeitsmarkt. „Ethnische Diversität bzw. Immigration sind Faktoren für eine höhere Produktivität“, so sein Fazit.

Ein in Sachen Sprachenvielfalt spannendes Beispiel ist Belgien: Hier gibt es mit Französisch, Deutsch und Niederländisch drei Amtssprachen und vier Sprachgebiete, erläuterte Grégory Dalbert, politischer Referent der Regierung der deutschsprachigen Gemeinschaft in Ostbelgien, in seinem Vortrag. „Die deutschsprachige Minderheit in Ostbelgien ist eine der am besten geschützten und repräsentierten Minderheiten in Europa“, lobte er. Mehrsprachigkeit sei dort ein bestimmender Faktor auf dem Arbeitsmarkt und sei von Unternehmen explizit nachgefragt.

Schließlich erläuterte Kjell Skoglund, Direktor der Finnisch-Schwedischen Handelskammer, die Bedeutung der schwedischen Sprache für finnische Unternehmen. „Um konkurrenzfähig zu sein, muss man Schwedisch können – sonst bleibt man außen vor.“ Schweden als Handelspartner habe zuletzt noch an Bedeutung zugenommen, was er an einer Verdopplung der Beitrittsanträge in den letzten zehn Jahren festmacht.

 

Die zweite Debatte des Tages mit dem Titel „Die Sprache der Nachbarn lernen – Vielfalt stärken durch Bildung" drehte sich um den Gedanken, mit dem Moderator und FUEN-Vizepräsident Gösta Toft die Diskussion eröffnete: „Mehr Sprachen zu sprechen ist ein echter Mehrwert, auch wenn er nicht immer als solcher erkannt wird."

Gun Oker-Blom, ehemalige Leiterin der schwedischen Abteilung der nationalen Schulbehörde, stellte die schwedischsprachige Bildung in Finnland vor. Auch wenn nur 5,2 % der finnischen Bevölkerung schwedischsprachig sind, ist Schwedisch eine Amtssprache und das schwedische Bildungswesen bildet ein eigenes System mit 62.300 Schülern im allgemeinen Bildungssystem und 13.000 weiteren an den Hochschulen. Sie schilderte ein dynamisches, gut funktionierendes System, zeigte darin jedoch auch Lücken auf – wie z. B. den Mangel an schwedischsprachigen Experten in Schlüsselbereichen wie Gesundheitswesen, Recht oder Bildung, unzureichende Daten über das System und ein im Vergleich höheres Niveau an finnischen Sprachkenntnissen.

 

Ganz anders ist die Situation auf der anderen Seite bei der finnischen Minderheit in Schweden: Laut Petra Palkio, Lehrerin, ehemalige Vorsitzende und Vorstandsmitglied der schwedisch-finnischen Delegation und Mitglied des Think Tank V-Akka, verliert das Finnische aufgrund der Einsprachennorm und des Assimilationsprozesses, der sogar in den Schulen, in denen Finnisch unterrichtet wird, spürbar ist, an Schwung. Ein überarbeitetes Gesetz aus dem Jahr 2019 gibt etwas Hoffnung: Es sieht vor, dass Minderheiten ihre Bedürfnisse und Wünsche äußern und die Entscheidungsfindung in der Anfangsphase beeinflussen sollten. Jedoch: „Auf dem Papier haben wir mehr Rechte als je zuvor, aber auf lokaler Ebene und im Alltag zeigt sich das nicht immer", so Petra Palkio.

 

Anja Peist, Projektassistentin im Bereich der deutsch-dänischen Sprachzusammenarbeit, gab einen Überblick über die Zusammenarbeit und die Sprachstrategie in der Region Sønderjylland - Schleswig, die seit 1997 besteht und vier dänische Gemeinden, zwei deutsche Gemeinden und die Stadt Flensburg umfasst. In der Region spielt die Sprache eine große Rolle in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, und die 2019 verabschiedete Sprachenstrategie fördert die Verwendung der Nachbarsprachen durch möglichst viele Menschen und legt den Schwerpunkt auf frühes sowie lebenslanges Lernen und authentische Begegnungen bei der Entwicklung von Sprachkenntnissen.

Pressemitteilungen