
69. FUEN-Kongress in Bozen / Bulsan / Bolzano eröffnet
23.10.2025Mit einer feierlichen Zeremonie im Hotel Four Points by Sheraton wurde am Donnerstagnachmittag der 69. Jahreskongress der FUEN offiziell in Bozen / Bulsan / Bolzano eröffnet. Gastgeberin ist in diesem Jahr die Südtiroler Volkspartei (SVP), die die deutsche und ladinische Minderheit in Südtirol (Italien) vertritt. Bis Sonntag werden Vertreterinnen und Vertreter autochthoner nationaler Minderheiten, Nationalitäten und Sprachgemeinschaften aus über 30 europäischen Ländern über aktuelle Entwicklungen und künftige Strategien in der Minderheitenpolitik diskutieren.
Begleitet vom Hornquartett „Ladinia“ begrüßte Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher mehr als 200 Teilnehmende und bezeichnete Südtirol als Modell erfolgreichen Minderheitenschutzes. Er erinnerte daran, dass die Autonomie des Landes, die im Völkerrecht verankert und in der italienischen Verfassung garantiert ist, ein System geschaffen habe, das nicht nur den deutsch- und ladinischsprachigen Gemeinschaften, sondern allen Bewohnerinnen und Bewohnern zugutekommt. „Ein gutes Autonomiemodell funktioniert nicht nur für Minderheiten – es funktioniert für alle. Es ist ein Gewinn für Italien, ein solches Schutzsystem für seine Minderheiten zu haben“, sagte er. Vielfalt, so Kompatscher weiter, sei ein Gewinn für Europa: „Vereint in Vielfalt – das ist unsere Botschaft aus Bozen an alle Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger in Europa.“
Auch Daniel Alfreider, FUEN-Vizepräsident, stellvertretender Landeshauptmann der Südtiroler Landesregierung und Landesrat für ladinische Bildung und Kultur, Infrastruktur und Mobilität, hieß die Delegierten in Südtirol willkommen. Es sei eine große Freude, sich in Bozen / Bulsan / Bolzano gemeinsam mit Freundinnen und Freunden aus ganz Europa unter dem Dach der FUEN zu versammeln – „ein starkes Symbol für Solidarität unter Minderheiten und für Brückenbau zwischen Regionen, Kulturen und Sprachen.“
Er hob Südtirols Beispiel des friedlichen Zusammenlebens von deutsch-, italienisch- und ladinischsprachigen Menschen hervor und zeigte, dass „Vielfalt ein Gewinn für jedes Land ist.“ Alfreider betonte, dass der Schutz von Minderheiten ein Grundpfeiler der Demokratie und Voraussetzung für gegenseitigen Respekt sei. „Gemeinsam gestalten wir ein Europa der Sprachen, der Kulturen und der Freundschaft“, schloss er.
In seiner Eröffnungsrede verband FUEN-Präsident Loránt Vincze Rückblick und Appell – seine letzte Ansprache als Präsident nach fast einem Jahrzehnt im Amt. Er bezeichnete Südtirol als „Vorbild für Minderheitenschutz“ und als „lebenden Beweis für das, was wir immer sagen: Minderheiten nehmen der Mehrheit nichts weg – im Gegenteil, sie bereichern Europa, den Staat und die Region kulturell, sprachlich und wirtschaftlich.“
Ein zentraler Teil seiner Rede war der Minority SafePack Initiative (MSPI) gewidmet, deren endgültige Ablehnung durch den Europäischen Gerichtshof im Juni das Ende eines langen Rechtsstreits markierte. Vincze zog dennoch eine positive Bilanz: „Hat es sich gelohnt? Ich sage: Ja, auf jeden Fall – es hat sich sehr gelohnt. Die Solidarität, die wir aufgebaut haben, die Unterstützung durch Bürgerinnen und Bürger sowie Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger und das Bewusstsein, das wir geschaffen haben – das sind Erfolge an sich.“ Er erinnerte daran, dass die Initiative vor mehr als zehn Jahren in Südtirol ihren Anfang genommen habe – ein symbolischer Kreis, der sich nun schließe. „Der Rechtsstreit mag beendet sein, aber wir haben einen Weg eröffnet, wo zuvor keiner war“, sagte er.
Vincze rief zudem dazu auf, die Rechte von Minderheiten trotz politischer Rückschläge weiterhin zu verteidigen, und forderte ein stärkeres Engagement der Europäischen Union. „Die Ablehnung des Minority SafePack war eine politische Entscheidung – eine Einschätzung, die vom Europäischen Gerichtshof bestätigt wurde. Wir müssen nun unseren Druck auf die europäischen Institutionen erhöhen, damit die nächste politische Entscheidung zu unseren Gunsten ausfällt“, so Vincze. Rückblickend auf seine Amtszeit stellte er fest, dass sich die FUEN zu einer stabilen und geeinten Organisation entwickelt habe. „Ich werde die FUEN mit gutem Gewissen übergeben – und mit einer geordneten Kasse“, sagte er. Er betonte, dass die Einheit auch in schwierigen Zeiten gewahrt geblieben sei: „Lasst niemals zu, dass ideologische oder spaltende Themen in der Organisation Platz finden.“
Oliver Paasch, Ministerpräsident der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens, sprach über den Weg seiner Region von der Marginalisierung zur Anerkennung und stellte fest, dass „das heutige friedliche Zusammenleben fast wie ein Wunder erscheint.“ Gleichzeitig betonte er, dass nicht alle Minderheiten in Europa dieses Glück hätten: „Wir fühlen große Solidarität mit anderen. Die FUEN ist eine hervorragende Plattform, um diese Solidarität auszudrücken. Minderheiten sind kein Problem – sie sind ein Mehrwert, ein Gewinn für das ganze Land, in dem sie leben. Minderheitenschutz ist ein Stresstest für die Demokratie.“
Dr. Bernd Fabritius, Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, übermittelte Grüße der deutschen Bundesregierung und von Bundeskanzler Friedrich Merz. Er hob die Minority SafePack Initiative als bürgergetriebenes Projekt mit „Leuchtturmcharakter“ hervor und ermutigte dazu, ihre Kernforderungen weiterhin umzusetzen. Zugleich dankte er dem scheidenden FUEN-Präsidenten Loránt Vincze für sein Engagement und seine Führungsarbeit – und schloss mit einer klaren Botschaft der Unterstützung: „Die FUEN wird die deutsche Bundesregierung und mich stets an ihrer Seite haben.“
Nach den Grußworten begann das offizielle Programm des FUEN-Kongresses mit Diskussionen, Vorträgen und kulturellen Beiträgen, die den Auftakt für drei Tage des Dialogs, des Austauschs und der europäischen Vielfalt bildeten. Eine ausführlichere Berichterstattung über die Panels und Veranstaltungen folgt in Kürze.
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