„Laboratorium des Friedens“: 28. Seminar der slawischen Minderheiten in der Europäischen Kulturhauptstadt Gorica/Gorizia
26.11.2025Die Grenze, die einst Familien trennte, ist heute ein Treffpunkt. Und das Schweigen über Minderheitenrechte in Europa muss gebrochen werden. Das waren die zentralen Botschaften beim 28. Seminar der FUEN-Arbeitsgemeinschaft Slawischer Minderheiten (AGSM), das vom 20. bis 23. November 2025 in den grenzüberschreitenden Zwillingsstädten Gorizia/Gorica (Italien) und Nova Gorica (Slowenien) stattfand.
Organisiert von der FUEN in Zusammenarbeit mit den lokalen slowenischen Organisationen Svet Slovenskih Organizacij (SSO), Slovenska kulturno-gospodarska zveza (SKGZ) und Slovenska Skupnost (SSk), versammelte das Seminar über 30 Vertreterinnen und Vertreter der AGSM-Mitgliedsorganisationen aus ganz Europa vor dem Hintergrund der Europäischen Kulturhauptstadt (GO!2025).
Bei der Eröffnung betonte Dr. Hartmut S. Leipner, FUEN-Vizepräsident und Sprecher der AGSM, die symbolische Bedeutung des Ortes. „Gorizia/Gorica zeigt uns, was Minderheitenrechte und grenzüberschreitende Zusammenarbeit wirklich bedeuten können“, sagte Leipner. „Diese Gemeinschaft hat eine Grenze in einen Begegnungsraum verwandelt. Sie hat eine schwierige Geschichte in eine hoffnungsvolle Zukunft verwandelt.“
Dr. Leipner stellte diesem lokalen Erfolg jedoch die Stagnation der Minderheitenrechte auf europäischer Ebene gegenüber und verwies auf die Ablehnung der Minority SafePack Initiative sowie das fortbestehende Problem des Geoblockings. „Minderheiten stehen nicht auf der Agenda Europas. Dieses Schweigen ist unsere größte Herausforderung“, warnte er. „Digitale Grenzen schaden uns genauso wie einst die physischen Grenzen.“

Die offizielle Eröffnungssitzung im Landtagsratssaal widmete sich Fragen der politischen Teilhabe und des rechtlichen Schutzes.
Rodolfo Ziberna, Bürgermeister von Gorizia/Gorica, hob hervor, dass die Grenze zwar zu einem Symbol der Zusammenarbeit geworden ist, politische Schritte aber noch fehlen. Er betonte, dass ein garantierter Sitz für die slowenische Minderheit im italienischen Parlament der nächste notwendige Schritt sei. Minderheiten hätten Anspruch auf solchen Schutz.
Tatjana Rojc, Senatorin im italienischen Parlament, verwies auf die symbolische Rückgabe des Narodni Dom in Trst/Triest als ethische Geste gegenüber der slowenischen Minderheit, äußerte aber zugleich Sorgen über die politische Repräsentation. Sie stellte fest, dass die Verringerung der Zahl der italienischen Parlamentarier zu 40 Prozent weniger Vertreterinnen und Vertretern aus der Region Friaul-Julisch Venetien geführt hat. „Das Ziel ist es, die Repräsentation gesetzlich zu regeln. Sowohl der slowenische als auch der italienische Präsident unterstützen das“, erklärte Rojc.
Vesna Humar, Staatssekretärin der Republik Slowenien, betonte Sloweniens Engagement für seine Auslandscommunity und verwies darauf, dass das Land als eines der wenigen in Europa eine eigene Ministerin für die über 500.000 Sloweninnen und Slowenen im Ausland hat. „Wir müssen Minderheitenrechte nicht nur bewahren, sondern kontinuierlich weiterentwickeln“, sagte sie.

Das Seminar war eng mit dem Geist der Europäischen Kulturhauptstadt GO!2025 verbunden. Mija Lorbek, Direktorin von GO!2025, bezeichnete das grenzüberschreitende Projekt als „Laboratorium des Friedens“ und verwies darauf, dass der Kulturausschuss des Europäischen Parlaments es kürzlich als bestes Beispiel einer Kulturhauptstadt bezeichnet hat.
Marko Pisani, Regionalrat von Friaul-Julisch Venetien, fügte hinzu, dass die Veranstaltung der Region ermögliche, „einen Schritt zehn Jahre in die Zukunft zu machen“, merkte aber zugleich an, dass die slowenische Gemeinschaft im Regionalrat weiterhin keinen garantierten Sitz habe.
Im Laufe der drei Seminartage diskutierten die Teilnehmenden die Bildungs-, Medien- und Wirtschaftssituation der slowenischen Minderheit in Italien. Das Programm umfasste einen Besuch des Slowenischen Oberschulzentrums in Gorizia/Gorica sowie einen Ausflug in das Dorf Števerjan/San Floriano del Collio, wo die Gruppe Bürgermeister Marjan Drufovka und den Kulturverein Briški Grič traf.

Das Seminar endete mit einer Führung durch die Kulturhauptstadt-Standorte und dem Konzert „Cecilijanka 2025“, das die reiche Choraltradition der Region feierte.
Das 28. AGSM-Seminar machte deutlich, dass die politische Lage in Europa zwar komplexer wird, die Solidarität unter den slawischen Minderheiten aber eine wichtige Kraft bleibt. Wie Dr. Leipner in seinen Eröffnungsworten festhielt: „Brücken brauchen kontinuierliche Pflege. Unsere Arbeit ist noch lange nicht abgeschlossen – sie ist vielleicht dringlicher denn je.“
Die AGSM gab vor Ort eine klare Erklärung ab:
„Die AGSM der FUEN ist besorgt über die jüngste Gewalt gegen die serbische Minderheit in Kroatien. Wir stehen solidarisch an der Seite all unserer Mitgliedsorganisationen. Wir verurteilen jede Form von Nationalismus.
Lassen wir nicht zu, dass der europäische Traum von Nachahmern dunkler Zeiten zerstört wird – Zeiten, die nur Leid, Elend und Verzweiflung hinterließen.“
Beim Seminar wurde Dr. Hartmut Leipner als Sprecher der Arbeitsgemeinschaft wiedergewählt.
Die Arbeitsgemeinschaft Slawischer Minderheiten (AGSM) wurde 1996 gegründet und ist die größte Arbeitsgemeinschaft innerhalb der FUEN. Weitere Informationen: agsm.fuen.org



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