Föderalistische Union Europäischer Nationalitäten
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FUEN mit dem Sudetendeutschen Menschenrechtspreis ausgezeichnet

Am vorvergangenen Pfingstwochenende, vom 17. bis 19. Mai 2024, fand in der Friedensstadt Augsburg (Deutschland) der 74. Sudetendeutsche Tag statt. Unter dem Motto „Sudetendeutsche und Tschechen – miteinander für Europa“ stand die Festveranstaltung ganz im Zeichen des europäischen Zusammenhalts, insbesondere im Hinblick auf die bevorstehende Europawahl.

Organisiert wurde das Ganze wie immer vom Bundesverband der Sudetendeutschen Landsmannschaft. An dem mit zahlreichen Reden, hochrangig besetzten Podiumsdiskussionen und einem reichhaltigen kulturellen Rahmenprogramm gespickten Event nahm auch die FUEN teil – und wurde im Rahmen des Festakts mit dem Sudetendeutschen Menschenrechtspreis ausgezeichnet. Dieser wird in unregelmäßigen Abständen an Personen und Institutionen verliehen, die sich in besonderem Maße für die Durchsetzung der weltweit gültigen Menschenrechte einsetzen.

In seiner Laudatio auf die FUEN hob Bernd Posselt, der Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe und Bundesvorsitzende der Sudetendeutschen Landsmannschaft, die Rolle der nationalen Minderheiten für die europäische Einigung hervor: „Wir Sudetendeutschen waren bei der Föderalistischen Union Europäischer Volksgruppen, heute Föderalistische Union Europäischer Nationalitäten, von Anfang an dabei, weil es darum ging, den Mörtel anzurühren für die Fundamente der europäischen Einigung“. Mit der Ehrung für die FUEN setze man ein Zeichen „für ein Europa der Volksgruppen und Minderheiten“.

Entgegengenommen wurde der Sudetendeutsche Menschenrechtspreis von der FUEN-Vizepräsidentin Olivia Schubert. In ihrer Dankesrede bezeichnete die Vizevorsitzende der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen (LdU) die Auszeichnung als „immens große Verantwortung und Verpflichtung“. Bei der FUEN setze man sich „in der Tat dafür ein, die Menschenrechte sowohl in friedlichen als auch in kriegerischen und konfliktreichen Zeiten zu schützen und zu bewahren. Wir sagen: Minderheitenrechte sind Menschenrechte – und dafür stehen wir“, betonte Schubert.

Sie würdigte die Gemeinschaft der Sudetendeutschen als Brückenbauer und unterstrich, dass auch die FUEN unermüdlich für Versöhnung und Völkerverständigung arbeite und gleichzeitig gegen Extremismus, Ausgrenzung und Diskriminierung jeglicher Art kämpfe.

Weiter wies Schubert darauf hin, dass jeder siebte Europäer einer autochthonen nationalen Minderheit angehöre oder eine Regional- oder Minderheitensprache spreche. „Uns gemeinsam ist: Wir haben uns entschieden, weiterhin in unserer Heimat zu leben. Wir möchten unsere Identität, unsere Kulturen und Sprachen vor Ort bewahren und weiterentwickeln“, so die FUEN-Vizepräsidentin.

Bei der FUEN engagiere man sich daher für den Schutz der autochthonen nationalen Minderheiten und Sprachgemeinschaften – nicht zuletzt auch mittels der Europäischen Bürgerinitiative „Minority SafePack“, in deren Rahmen mehr als eine Million Unterschriften gesammelt wurden, um die Minderheitenrechte auf europäischer Ebene zu stärken. Denn „Minderheiten machen Europa reicher“, bekräftigte Schubert.

Während ihrer Rede brachte sie den Zuhörerinnen und Zuhörern im Augsburger Messezentrum auch die zahlreichen Initiativen der FUEN näher, darunter zum Beispiel den „Minority Monitor“, die EUROPEADA, das vor knapp zwei Jahren auf den Weg gebrachte Projekt „Women of Minorities“ oder die Kampagne „Mute Hate Speech“.

Sie schloss ihre Rede mit den Worten: „Ich möchte mich herzlichst für die langjährige, unmittelbare und uneingeschränkte Unterstützung sowie Förderung der Sudetendeutschen bedanken, die Sie nun mit der Vergabe dieses Preises bekräftigt haben. Uns bedeutet die Auszeichnung viel und wir sind sehr stolz darauf! Lassen Sie uns auch in Zukunft gemeinsam für Menschen- und Minderheitenrechte, für Freiheit, Gleichheit und Demokratie einsetzen.“

Neben dem Preis für die FUEN gab es noch eine weitere Ehrung: So erhielt Jean-Claude Juncker, der langjährige luxemburgische Premierminister und frühere Präsident der EU-Kommission, den Europäischen Karlspreis der Sudetendeutschen. Ausgezeichnet wurde er für seine Verdienste um die Völkerverständigung und die europäische Einheit. Bernd Posselt bezeichnete Juncker als „herausragenden Staatsmann, der luxemburgischer Patriot ist und gleichzeitig keinem Nationalstaat gehört, sondern allen Europäern“. Er habe „maßgeblich an der europäischen Integration der letzten 50 Jahre mitgewirkt, ist einer der Väter des Binnenmarktes wie des Euro und hat entscheidend zur Befreiung Mittel- und Osteuropas beigetragen sowie die EU-Osterweiterung vorangetrieben“.

Als Schirmherr der Sudetendeutschen Volksgruppe nahm auch Markus Söder, der Ministerpräsident des Freistaates Bayern, an Teilen des Sudetendeutschen Tages teil und hielt am Pfingstsonntag eine Festansprache. Darin bezeichnete er die Veranstaltung als „Festival des Friedens und der familiären Erinnerungen“ und hob den Einfluss der Sudetendeutschen auf die Entwicklung Bayerns hervor: „Ohne die Heimatvertriebenen hätte Bayern nie diesen Weg gehen können", so der Ministerpräsident. Er warnte in seiner Rede zudem vor einer Zunahme der Zahl autokratischer Staaten und rief zur Teilnahme an der Europawahl auf.

Auch Bernd Posselt äußerte seine Bedenken vor einem Wiedererstarken des Nationalismus in Europa. Nationalisten seien dabei, „alles zu zerstören an Kostbarem, was unsere ältere Generation nach dem Zweiten Weltkrieg aufgebaut hat“. Die Sudetendeutschen würden sich dagegen mit aller Kraft wehren. Eine Möglichkeit, das demokratische Europa zu stärken, sei die Teilnahme an der bevorstehenden Europawahl.

 

 

Lesen Sie im Folgenden die Dankesrede von Olivia Schubert:

 

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Ehrengäste, liebe sudetendeutsche Freunde,

es ist für mich eine große Ehre, im Namen der Föderalistischen Union Europäischer Nationalitäten den Menschenrechtspreis der Sudetendeutschen Landsmannschaft überreicht zu bekommen. Stellvertretend für unsere über 100 Mitgliedsorganisationen möchte ich meinen tiefsten, herzlichsten Dank für die Auszeichnung aussprechen – und dafür, dass Sie uns für würdig genug gehalten haben.

Denn mit einem Menschenrechtspreis ausgezeichnet zu werden, bedeutet eine immens große Verantwortung und Verpflichtung.

Wir bei FUEN setzen uns in der Tat dafür ein, die Menschenrechte sowohl in friedlichen als auch in kriegerischen und konfliktreichen Zeiten zu schützen und zu bewahren.

Wir sagen: Minderheitenrechte sind Menschenrechte – und dafür stehen wir.

Dafür stehen wir seit nunmehr 75 Jahren, denn unsere Organisation feiert dieses Jahr ein Jubiläum. Erlauben Sie mir den Vergleich: 75 Jahre FUEN und der 74. Sudetendeutsche Tag!

Wie sie sehen, begannen beide Organisationen ihre Arbeit kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges und setzten sich bereits sehr früh für Frieden, Völkerverständigung und Demokratie ein. Diesen Weg möchten wir weiterhin gehen, denn die Herausforderungen werden mit der Zeit nicht weniger und nicht einfacher.

Herr Ministerpräsident Söder schrieb in seinem Grußwort: „Bayern ist das Land, in dem Europa Gestalt annimmt!“. Ich möchte behaupten: Die FUEN ist die Organisation, die in der Zivilgesellschaft, in den Reihen der autochthonen Minderheiten, Europa mitgestaltet.

Die deklarierten Werte der FUEN sind Solidarität, Gleichheit, Partizipation, Diversität, Menschenrechte und Traditionen. Wir setzen uns gemeinsam für Versöhnung und Völkerverständigung ein, kämpfen unermüdlich gegen Extremismus, gegen Ausgrenzung und Diskriminierung.

Die Föderalistische Union Europäischer Nationalitäten versteht sich – so wie auch die Sudetendeutsche Landsmannschaft – als Brückenbauer. Als Hauptvertreter und größter Dachverband der autochthonen nationalen Minderheiten, Nationalitäten und Sprachgemeinschaften Europas vereinen wir derzeit mehr als 100 Mitgliedsorganisationen aus 36 europäischen Ländern, wobei jedes Jahr neue Mitglieder hinzukommen.

Die Vielschichtigkeit unserer Mitgliedsorganisationen spiegelt sich auch in unserer Arbeit wieder, denn unsere Mitgliedsorganisationen haben sehr unterschiedliche sprachliche, bildungspolitische, kulturelle oder rechtliche Hintergründe. Es macht einen Unterschied, ob ihr Land ein EU-Mitglied ist oder nicht, ob ihr Land die internationalen Minderheitenschutz-Mechanismen anerkennt und anwendet oder nicht. Unter unseren Mitgliedern gibt es jene, die aus Ländern kommen mit aktivem und beispielhaftem Minderheitenschutz, aber auch solche, in denen autochthone Minderheiten überhaupt nicht anerkannt werden.  

Die FUEN versucht, ihre Arbeit in diesem weiten Spagat zu meistern.

Wir sind 100 Millionen Europäerinnen und Europäer, 50 Millionen in der EU, die Mitglieder autochthoner nationaler Minderheiten, regionaler und linguistischer Gruppen sind. Jeder siebte Europäer gehört einer autochthonen nationalen Minderheit an oder spricht eine Regional- oder Minderheitensprache. Nach den offiziellen Zahlen der EU gibt es neben den 24 Amtssprachen in der Europäischen Union mehr als 60 Regional- oder Minderheitensprachen.

Uns gemeinsam ist: Wir haben uns entschieden, weiterhin in unserer Heimat zu leben. Wir möchten unsere Identität, unsere Kulturen und Sprachen vor Ort bewahren und weiterentwickeln.

Wir sind der Meinung, dass die Situation der europäischen Minderheiten nicht nur als innere Angelegenheit der Staaten betrachtet werden kann. Daher setzen wir uns für die Stärkung der Rechtsinstrumente und der Sanktionsmechanismen des Europarates ein, während unser Ziel in der EU darin besteht, einen Rechtsrahmen für den Schutz nationaler Minderheiten und Sprachgemeinschaften zu schaffen.

Um diese Ziele zu erreichen, unterhält die FUEN ein großes Netzwerk von wissenschaftlichen Instituten, Kultur- und Bildungseinrichtungen, Jugendorganisationen, Medien und anderen Partnern. Die FUEN ist die Stimme der Minderheiten bei internationalen Organisationen, der Europäischen Union, dem Europarat, den Vereinten Nationen und der OSZE.

Unsere größte Errungenschaft derzeit ist die 2016 gestartete und erfolgreich durchgeführte Europäische Bürgerinitiative „Minority SafePack“. Sie erhielt 1.123.422 gültige Unterschriften und überschritt die nationale Schwelle in elf Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Sie gab unserer Organisation eine neue Art von Sichtbarkeit und eine gefestigte Position.

Das Ziel der MSPI ist es, die Minderheitenpolitik auf die europäische Ebene zu heben. Sie beinhaltet ein Packet rechtlicher Empfehlungen zum Schutz nationaler Minderheiten, eine Reihe von legislativen Handlungen, mit deren Hilfe die EU die Minderheitenrechte auf europäischer Ebene stärken und die Identität, Kultur und Sprache der Minderheiten schützen kann. Das Motto der EU lautet „In Vielfalt geeint“. Mit der MSPI möchten wir die EU dazu ermuntern, dieses Motto zu leben und nach diesem Motto zu handeln. 

Wir sagen: Minderheiten machen Europa reicher!

In diesem Geiste organisieren wir jedes Jahr in einem anderen Land und bei einer anderen Mitgliedsorganisation das größte Treffen autochthoner nationaler Minderheiten und Sprachgemeinschaften – den FUEN-Kongress mit mehr als 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Hier können sich die Vertreterinnen und Vertreter unserer Mitgliedsorganisationen austauschen, vor Ort einen Einblick in den Alltag der dort lebenden Minderheiten erhalten und grundlegende Entscheidungen über die weitere Arbeit der Organisation treffen.

Darüber hinaus sind unsere Mitglieder in sechs Arbeitsgemeinschaften mit jährlichen Treffen aktiv: Es sind die Arbeitsgemeinschaften der deutschen, slawischen, türkischen und ungarischen Minderheiten, die Arbeitsgruppe der Minderheiten ohne Mutterstaat sowie die Arbeitsgemeinschaft für Bildungsthemen.

Die FUEN ist bestrebt, in speziellen Themenbereichen langjährige Projekte auf die Beine zu stellen. So führen wir mehrere Projekte durch, wie zum Beispiel das Projekt „Minderheiten auf dem Westbalkan“, um auf die Lage der dort lebenden Minderheiten aufmerksam zu machen und ihnen Hilfe zu leisten, oder unser „Minority Monitor“, ein Onlinetool zur Dokumentation von Verletzungen von Minderheitenrechten.

Ich persönlich bin sehr stolz drauf, dass wir vor knapp zwei Jahren das Projekt „Women of Minorities“ gestartet haben. Mit diesem Projekt möchten wir auf die komplexen Herausforderungen der Frauen aufmerksam machen; auf die Tatsache, dass sie oft eine Minderheit in der Minderheit sind. Wir verfolgen damit ein doppeltes Ziel: einerseits die Motivation, den Einsatz und die Erfolge von Frauen im Minderheitenbereich präsent zu machen, andererseits Hilfe bei gesellschaftlicher oder politischer Ausgrenzung und Diskriminierung zu leisten.

Jedes Jahr organisieren wir Konferenzen, wie das Forum Europäischer Minderheitenregionen mit einem bestimmten Schwerpunktthema, zum Beispiel „Tourismus und Minderheiten“, „Wirtschaft und Minderheiten“ oder „Digitalisierung und Minderheiten“.

Zurzeit sind wir auch voll im Fußballmodus, denn zwischen dem 28. Juni und dem 7. Juli veranstalten wir im deutsch-dänischen Grenzland die Fußballeuropameisterschaft der autochthonen nationalen Minderheiten, genannt EUROPEADA. Mit mehr als 1.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern vereint diese Sportveranstaltung den fairen sportlichen Wettbewerb mit den Zielen der autochthonen Minderheiten. Ich lade Sie hiermit sehr herzlich dazu ein! Kommen Sie und feuern Sie Ihre Lieblingsmannschaft an!

Im Kontext der Fußball-Europameisterschaft und in Zusammenarbeit mit der UEFA starten wir zudem mit unserer Kampagne „Mute Hate Speech“, die sich gegen Hassrede, Hetze und Diskriminierung einsetzt.

Im Vorfeld zu den Wahlen des Europäischen Parlaments verabschiedete FUEN ein Manifest zu den EU-Wahlen, in dem sie sich erneut für eine europäische Strategie zum Schutz und zur Förderung nationaler und sprachlicher Minderheiten einsetzt und die EU dazu auffordert, einen systematischen Ansatz zur Erhaltung und zum Schutz nationaler und sprachlicher Minderheiten im Rahmen ihres Rechtsstaatlichkeitsmechanismus zu wählen. Mit unseren Wahlprüfsteinen an die Wahlparteien aller EU-Länder fordern wir die Kandidatinnen und Kandidaten dazu auf, Lösungen für unsere Anliegen auf europäischer Ebene zu finden.

Liebe Sudetendeutsche Freunde!

Ich möchte mich herzlichst für die langjährige, unmittelbare und uneingeschränkte Unterstützung sowie Förderung der Sudetendeutschen bedanken, die Sie nun mit der Vergabe dieses Preises bekräftigt haben. Uns bedeutet die Auszeichnung viel, und wir sind sehr stolz darauf!

Lassen Sie uns auch in Zukunft gemeinsam für Menschen- und Minderheitenrechte, für Freiheit, Gleichheit und Demokratie einsetzen!

Ich danke Ihnen und wünschen Ihnen noch viele erlebnisreiche Momente und schöne Begegnungen hier auf dem Sudetendeutschen Tag! Vielen Dank!

 

 

 

Foto: Torsten Fricke/Manfred Gischler

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