
Forum der Europäischen Minderheitenregionen: „Wir sind die Europäerinnen und Europäer der Zukunft!“
30.06.2025Minderheiten in Grenzregionen fungieren oft als Brücke zwischen Staaten – sie stärken Handelsbeziehungen und kulturelle Verbindungen. Eine gemeinsame Sprache erleichtert Kontakte, die wiederum Investitionen fördern. Minderheiten tragen zudem zur kulturellen Verständigung, zum besseren Verständnis des Nachbarlands und zu einem friedlichen Miteinander bei. Am 27. und 28. Juni kamen in Neusatz/Novi Sad/Újvidék (Serbien) Expertinnen und Experten, Minderheitenvertreterinnen und -vertreter sowie politische Entscheidungsträgerinnen und -träger aus ganz Europa zusammen, um über die Rolle von Minderheiten in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zu diskutieren.
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In den Diskussionen wurde deutlich: Grenzüberschreitende Kooperation birgt großes Potenzial – und Minderheiten sind dafür besonders gut aufgestellt, denn sie bringen interkulturelle Kompetenzen mit. FUEN-Vizepräsident Gösta Toft brachte es in seinem Schlusswort auf den Punkt: „Wir sind die echten Europäerinnen und Europäer – wir sind mobil, wir überqueren Grenzen, und wir sollten selbstbewusst sein: Wir sind die Europäerinnen und Europäer der Zukunft.“ Er betonte die Bedeutung regionaler Autonomien, wie etwa in der Provinz Vojvodina, die zur Konfliktvermeidung beitragen und wirtschaftliches Wachstum fördern.
Zugleich sprach Toft auch kritische Punkte an: „Leider wird die Rolle von Minderheiten nicht immer anerkannt – weder von den Mitgliedstaaten noch von der EU. Die EU sollte eine unterstützende Rolle übernehmen, und Minderheiten sollten stärker durch professionelle Netzwerke gefördert werden.“ Es brauche eine europäische Anerkennung und einheitliche Standards für Minderheitenrechte; sie könnten viele kreative Potenziale in Europa freisetzen.
Der erste Tag des Forums bot einen Einblick in das Autonomiemodell der Wojwodina aus der Perspektive der Nationalräte der ungarischen, deutschen und mazedonischen Minderheiten sowie eine Exkursion nach Subotica/Szabadka. In den Eröffnungsreden sowie Beiträgen von Expertinnen und Experten der Arbeitsgemeinschaft Europäischer Grenzregionen (AGEG) und des Central European Service for Cross-border Initiatives (CESCI) ging es um Möglichkeiten der Zusammenarbeit über Grenzen hinweg. Eine Podiumsdiskussion brachte Beispiele grenzüberschreitender Kooperation aus verschiedenen europäischen Regionen zusammen.
Am zweiten Tag stand zunächst die Rolle von Minderheiten im Integrationsprozess im Mittelpunkt. Die Europaabgeordnete Annamária Vicsek und Ljubica Djordjević, Senior Researcher beim Europäischen Zentrum für Minderheitenfragen, kritisierten den rückläufigen Stellenwert von Minderheitenfragen in der EU. Sie verwiesen auf die Ablehnung der Minority-SafePack-Initiative (MSPI) und die geringe Priorität, die Minderheitenrechten im EU-Beitrittsprozess eingeräumt wird. Zudem sprachen sie den Vertrauensverlust in die EU, sowohl innerhalb der Union als auch in den Beitrittskandidatenländern, als dringliches Problem an.
Ein weiterer Programmpunkt widmete sich dem Thema Sport: In einer Diskussion mit Teamverantwortlichen der EUROPEADA nahmen Vertreterinnen und Vertreter der serbischen Minderheit in Kroatien, der kroatischen Minderheit in Serbien, der slowenischen Minderheit in Italien (Gastgeberland der EUROPEADA 2028) und der kornischen Fußballmannschaft Kernow Fa teil. Es ging um gemeinsame Vorbereitung auf internationale Wettbewerbe, um Sichtbarkeit für wenig bekannte Sprachen im Vereinigten Königreich und um die Rolle des Sports bei der Überwindung alter Grenzen, etwa zwischen Italien und dem ehemaligen Jugoslawien.
Die neunte Ausgabe des Forums der Europäischen Minderheitenregionen machte deutlich, welchen Wert Minderheiten in Grenzregionen haben. Sie zeigte gute Beispiele, benannte weiterhin bestehende Herausforderungen und bot den rund 140 Teilnehmenden die Gelegenheit zum Austausch und zur gegenseitigen Inspiration.
Bis zum nächsten Jahr!
Pressemitteilungen
- Die Vojvodina – eine ideale Gastgeberin für das Forum der Europäischen Minderheitenregionen zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit
- Interview: Julien Steinhauser über Sprache, Identität und wirtschaftliche Chancen im Elsass
- Interview: Gyula Ocskay über „Re-Wording Borders“ und die Stärkung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit
- „Talking Money“ – 9. Forum der Europäischen Minderheitenregionen widmet sich der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit
- Interview: Sonja Wolf über die Rolle von Minderheiten in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit
- Interview: Dr. Georg Lun über die wirtschaftliche Bedeutung sprachlicher Vielfalt in Südtirol und darüber hinaus
- Jahrestagung in Südtirol: Minderheiten ohne Mutterstaat fordern mehr Sichtbarkeit ihrer Sprachen bei Großveranstaltungen
- Pressemitteilung zur endgültigen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über die Minority-SafePack-Initiative
- 11. Jahrestagung der FUEN TAG fand bei der türkischen Gemeinschaft in Bulgarien statt
- Broschüre der FUEN-Arbeitsgemeinschaft Bildung veröffentlicht