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Von der Hofburg ins Drei-Länder-Eck – das war das Jahrestreffen der slawischen Minderheiten bei den Burgenlandkroaten in Österreich

Zum Auftakt der Veranstaltung kamen am 17. November die über 30 Vertreter*innen slawischer Minderheiten aus Europa im Hrvatski Centar, dem Kulturzentrum der Burgenlandkroatinnen und -kroaten in Wien/Beč, Österreich, zusammen. Stanko Horvath, Vorsitzender des HKD/Kroatischen Kulturvereines im Burgenland, Gabriela Karall-Novak, Hrvatski centar, und Angelika Mlinar, Sprecherin der AGSM, begrüßten die Gäste aus zwölf verschiedenen Ländern.

Im Rahmen der Eröffnung des 25. Seminars der slawischen Minderheiten in der FUEN wurde anhand einer Buchpräsentation (Südslawisches Wien: Zur Sichtbarkeit und Präsenz südslawischer Sprachen und Kulturen im Wien der Gegenwart“, Hrsg. Miranda Jakiša, Katharina Tyran) von Lydia Novak ein erster Überblick über die Situation der gastgebenden Minderheit gegeben. Den Abschluss des Tages bildete ein eindrucksvolles Konzert der mehrsprachigen Musikgruppe „Idemo“.

Am Folgetag stand ein Besuch in der Herzkammer der österreichischen Politik auf dem Programm – eines der Highlights des diesjährigen Seminars. „Es geht nicht nur darum Minderheiten zu erhalten, sondern auch darum sie zu entwickeln. Minderheiten brauchen Sichtbarkeit und Zweisprachigkeit sollte etwas Selbstverständliches sein“. Mit ihren Aussagen rannte Grünen-Parlamentarierin Olga Voglauer, selbst Kärtner Slowenin, bei ihren Zuhörer*innen offene Türen ein. Über 30 Vertreter*innen slawischer Minderheiten in Europa waren am vergangenen Freitag in der Wiener Hofburg, Sitz des österreichischen Parlaments, zu Gast, um sich mit Volksgruppen- und Minderheitensprecher*innen der Parteien auszutauschen.

Nikolaus Berlakovich (ÖVP), selbst Burgenlandkroate, betonte, dass die Politik vor allem die Sprach- und Ausbildungskompetenzen fördern müsse, damit die Jugend weiterhin die Minderheitensprachen lerne. Auch die Unterstützung von Minderheitenmedien sowie die Förderung der Digitalisierung in diesen Gemeinschaften sei eine wichtige Aufgabe, deren Umsetzung laufend überprüft werden sollte. „Minderheiten sind direkt und indirekt von Assimilierung betroffen. Sie sollten sich selbst verwalten können – das ist ein wichtiger Schritt, damit sie sich für die Zukunft stärken können“, sagte Michael Bernhard (NEOS).

Nach dem Parlamentsbesuch ging es am zweiten Seminartag per Bus auf eine Exkursion ins Dreiländereck Österreich – Ungarn – Slowakei, in drei Dörfer, in denen Burgenlandkroatinnen und -kroaten leben. Ein geballtes Kulturprogramm, gespickt mit fachkundigen Hintergrundinformationen der gastgebenden Minderheit. Den ersten Stopp machte die Gruppe in Neudorf/Novo Selo, Österreich, wo es Einblicke in die zweisprachige Beschilderung gab.

Der Burgenlandkroate Peter Tyran erklärt die Genese der zweisprachigen Beschilderung in Neudorf/Novo Sele im Burgenland. 

Weiter ging es nach Bezenye/Bizonja, Ungarn, das ein erfreuliches Beispiel für die Minderheitenförderung ist. Die Bürgermeisterin, selbst der Mehrheitsbevölkerung zugehörig, aber eine vorbildliche Unterstützerin der kroatischen Minderheit, erläuterte deren Prinzip der Selbstverwaltung. Schließlich gewannen die Teilnehmenden einen interessanten Einblick in das Dorf Čunovo in der Slowakei, welches eine sprachliche Vielfalt bietet, die seines gleichen sucht, da hier sehr viele unterschiedliche Nationalitäten leben. Bei einem ortstypischen Abendessen begleitet von Musik auf dem kroatischen Traditionsinstrument Taburizza klang der Abend im Kulturhaus aus.

Wie können Minderheitenschulen und -medien von Volksgruppen in Städten außerhalb ihres Siedlungsgebietes bestehen, in einer Metropole wie Wien? Darum ging es am dritten Tag des AGSM-Seminars. „Unsere Herausforderung ist die schwindende Sprachkompetenz von Kindern und Jugendlichen, da es zu Hause immer weniger gesprochen wird. Wenn sie mit der Schule anfangen, lernen sie Kroatisch von Anfang an, also wie eine Fremdsprache“, beklagte Karin Vukman-Artner, Leiterin der Abteilung Minderheitenschulwesen im Burgenland. Methodisch sei man deshalb mittlerweile vom Switchen zwischen Deutsch und Kroatisch zum „Sprachbad“ übergegangen, d.h. einer rein kroatischen Sprachumgebung an den entsprechenden Schulen.

Mit Neid blicken die Kroat*innen in Wien auf Einrichtungen wie die tschechische Komensky-Schule in Wien, welcher es gelingt, eine zweisprachige Schulbildung auf hohem sprachlichen Niveau umzusetzen. Karl Hanzl, Obmann des Schulvereins, betonte: „Das gemeinsame Ziel muss klar sein  – die Sprache zu erhalten“. Er berichtete aber auch von nötigen Änderungen in den Strukturen, um Eltern zu überzeugen, ihre Kinder im System zu belassen. „Das ist der Unterschied zwischen Metropole und Land. In der Stadt gibt es überall auch andere Angebote.“

Während der Arbeitssitzungen am Samstag tauschten sich die Teilnehmer*innen über Strukturen von Minderheiten in Städten aus. 

Einblicke in die kroatischen Minderheitenmedien in Österreich gaben Konstantin Vlasits vom Magazin „Novi Glas“, das sich als kritische Stimme vor allem aus junger Perspektive sieht, sowie von Josef Buranits, der als Volksgruppenvertreter im ORF-Publikumsrat sitzt. „Es ist schwierig, Leute zu bekommen, die journalistisch arbeiten können und möchten“, beklagte Buranits.

Im letzten Teil des Seminars ging es um die aktuelle Lage der slawischen Minderheiten und die Aktivitäten im vergangenen Jahr, sowie künftige AGSM-Tätigkeiten. Man konnte feststellen, dass die slawischen Minderheiten in den letzten Jahren auch innerhalb der FUEN sehr aktiv waren, und dass viele Veranstaltungen bei ihnen zu Gast gewesen sind. Insbesondere die EUROPEADA, wo gleich neun slawische Teams teilnahmen, war für viele ein Erfolg, was die Wahrnehmung ihrer Minderheiten angeht. Schließlich wurde Dr. Angelika Mlinar als AGSM-Sprecherin einstimmig wiedergewählt und der Ort für das nächste Jahrestreffen der Arbeitsgemeinschaft 2023 festgelegt: bei der serbischen Minderheit in Kroatien.

Das 25. Seminar der FUEN-Arbeitsgemeinschaft slawischer Minderheiten konnte durch die Förderung des Bundesministeriums des Innern und für Heimat der Bundesrepublik Deutschland verwirklicht werden.

Ein herzlicher Dank für die gute Zusammenarbeit geht an die FUEN-Mitgliedsorganisationen Kroatisches Zentrum für Kultur, Bildung und Politik (Hrvatski centar) und den Kroatischen Kulturverein im Burgenland (HKD) sowie an die Jugendorganisation HAK-Hrvatski akademski klub.

Fotos: László Mihály/FUEN

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