Föderalistische Union Europäischer Nationalitäten
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Zweite Auflage der FUEN BundesTalks: Bundestagskandidatinnen und -kandidaten diskutierten über auswärtige Minderheitenpolitik

„Minderheiten im Ausland sind von unschätzbarem Wert für Deutschland“

Konsens sucht man in der Politik oft vergeblich, doch in dieser Frage waren sich ausnahmsweise mal alle einig: Eine Kürzung der Mittel für die deutschen Minderheiten im Ausland darf es nicht geben. Zu wichtig sei ihre Funktion als Brückenbauer im europäischen Kontext, betonten alle Bundestagskandidatinnen und -kandidaten, die bei den FUEN BundesTalks am 23. August auf dem virtuellen Podium saßen.

In der zweiten Auflage der von der Föderalistischen Union Europäischer Nationalitäten (FUEN) organisierten Debatte im Vorfeld der Bundestagswahl ging es um die Ansichten der Parteien zur Rolle und Zukunft der deutschen Minderheiten im Ausland. Wie sollen diese in Zukunft unterstützt werden? Welche Rolle sollen sie im Rahmen der europäischen Integration einnehmen? Und wie können die im Ausland lebenden deutschen Minderheiten mehr Präsenz in der Bundespolitik bekommen? Diesen und weiteren Fragen haben sich sechs Politikerinnen und Politiker ineiner Online-Diskussionsrunde gestellt. Der Einladung gefolgt waren Eckhard Pols (CDU), Dietmar Nietan (SPD), Manuel Sarrazin (Bündnis 90/Die Grünen), Peter Heidt (FDP), Simone Barrientos (Die Linke) sowie Sybilla Nitsch (SSW).

Moderator Vladimir Ham, Vizepräsident der FUEN und selbst Angehöriger der deutschen Minderheit in Kroatien, redete nicht lange um den heißen Brei und wollte direkt zu Beginn wissen: Wollen Sie am Budget für die im Ausland lebenden Deutschen rütteln – oder es sogar aufstocken? Aktuell werden sie von der Bundesregierung mit 24 Millionen Euro jährlich unterstützt, allerdings schrumpfen die Zuwendungen aus dem Auswärtigen Ausschuss von Jahr zu Jahr. Alle Kandidaten betonten, wie wichtig diese Förderung vor dem Hintergrund der Völkerverständigung sei und kündigten ein Beibehalten, wenn nicht gar den Einsatz für eine Erhöhung der Förderung an, sollten sie mit ihrer Partei in die Regierung kommen.

„Ereignisse überall auf der Welt zeigen, dass es stabilisierende Faktoren wie etwa die deutschen Minderheiten in den jeweiligen Ländern sind, die gefördert werden müssen“, erklärte Dietmar Nietan (SPD), wenngleich er darauf hinwies, dass die Bewältigung von Pandemie und Hochwasserschäden eine Budgeterhöhung im nächsten Haushalt ambitioniert erscheinen lassen. FDP-Kandidat Peter Heidt erhofft sich vor allem eine bessere Verteidigung der Mittel für die deutschen Minderheiten an der Spitze des Auswärtigen Amtes, wo er in der aktuellen Legislatur große Probleme sah.

„Alles, was Demokratie und Verständnis füreinander fördert, muss auch gefördert werden“, betonte Simone Barrientos (Linke), und wies darauf hin, dass zugleich die dortige Mehrheitsgesellschaft davon profitieren müsse.

Eine ganz besondere Perspektive auf das Thema konnte Sybilla Nitsch (SSW) beisteuern, deren Partei der dänischen und friesischen Minderheit in Schleswig-Holstein zum ersten Mal seit über 60 Jahren wieder zur Bundestagswahl antritt und mit der erstmals wieder eine Minderheitenpartei in den Bundestag einziehen könnte. „Minderheitenpolitik ist immer auch Friedenspolitik – das sehen wir in unserem Alltag im deutsch-dänischen Grenzland“, erklärteNitsch. „Es ist wichtig, die Arbeit zu verstetigen. Die Minderheitenarbeit muss aus dem Projektstatus herauskommen und institutionell verankert werden, um erfolgreich zu sein.“

Ein weiterer Schwerpunkt der Gesprächsrunde lag beim Thema Wahlrecht, welches im Ausland lebenden deutschen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern die Wahlteilnahme erschwert. Das Problem: Aufgrund des Systems aus Erst- und Zweitstimme ist die Anbindung an einen Wahlkreis in Deutschland erforderlich. Die Wahlberechtigung muss auf komplizierte Weise beim dortigen Wahlleiter beantragt werden – und wird bei Weitem nicht immer erteilt. Somit verliert Deutschland viele Tausend Wählerinnen und Wähler aus den Reihen der deutschen Minderheiten vor allem aus dem heutigen Polen. Wie könnte man diese Hürde aus dem Weg räumen? „Wer wahlberechtigt ist, muss einen einfachen Zugang zur Wahl haben – das könnte man zum Beispiel durch das Einrichten eines Auslandswahlkreises ermöglichen“, schlug Manuel Sarrazin (Bündnis 90/Die Grünen) vor – eine Idee, die auch bei den weiteren Teilnehmer*innen auf Zustimmung stieß.

Abschließend ging es um die Frage, wie die deutschen Minderheiten ihre Präsenz auf dem Berliner Parkett ausbauen könnten. Von der Schaffung eines weiteren Gremiums, wie etwa einem Unterausschuss im Innenausschuss, sind die Gesprächsgäste nicht überzeugt – davon gebe es schlicht zu viele mit zu wenig Einfluss. „Wir haben bereits die Position des Minderheitenbeauftragten beim Innenministerium. Diese Position gilt es zu stärken, etwa durch eine Ansiedlung beim Kanzleramt“, so der Vorschlag von Eckhard Pols (CDU). Schließlich seien Minderheiten im Ausland „von unschätzbarem Wert für Deutschland“. Manuel Sarrazin regte einen fraktionsübergreifenden Gesprächskreis an, um einen politischen Querschnitt für das Thema zu sensibilisieren.

Das Video der FUEN BundesTalks können Sie jederzeit auf dem YouTube-Kanal der FUEN ansehen.

 

Hintergrund:In 25 Ländern leben deutsche Minderheiten, größtenteils fernab vom heutigen Territorium der Bundesrepublik. Diese rund 1,2 Millionen Menschen tragen nicht nur zur kulturellen Vielfalt in Europa bei, sondern sind wichtige Brückenbauer zwischen Deutschland und seinen europäischen und zentralasiatischen Partnerländern. Dennoch spielen die autochthonen nationalen Minderheiten in der öffentlichen Wahrnehmung in Deutschland kaum eine Rolle. Auch in den Wahlprogrammen der Parteien und der Berichterstattung im Vorfeld der Bundestagswahl schaffen sie es selten auf die Agenda. Aus diesem Grund veranstaltet die Föderalistische Union Europäischer Nationalitäten (FUEN) die FUEN BundesTalks zu verschiedenen minderheitenpolitischen Themen.

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