Minderheitenmanifest für die Zukunft beim FUEN-Kongress in Bozen / Bulsan / Bolzano verabschiedet
24.10.2025Ein zentraler Moment des diesjährigen FUEN-Kongresses in Bozen/Bulsan/Bolzano war die Vorstellung und Diskussion des Minderheitenmanifests für die Zukunft, eines strategischen Dokuments, das unter Koordination der Föderalistischen Union Europäischer Nationalitäten (FUEN) erarbeitet wurde. Ziel ist es, den Schutz und die Förderung autochthoner nationaler und sprachlicher Minderheiten in Europa zu stärken.
Das von FUEN-Präsident Loránt Vincze moderierte Podium brachte hochrangige Expertinnen und Experten zusammen: Fernand de Varennes, ehemaliger UN-Sonderberichterstatter für Minderheitenfragen; Elvira Kovács, Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarats; und Anna Jungner-Nordgren, Vorsitzende des NPLD.
In seiner Einführung warnte Fernand de Varennes vor „einem ernsthaften Rückschritt bei der Anerkennung und dem Schutz von Minderheitenrechten in Europa“. Er verwies auf Rückschritte im Bildungs- und Sprachbereich sowie auf die schwache Umsetzung internationaler Instrumente wie des Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten und der Sprachencharta des Europarats. „Wir stehen an einem kritischen Punkt“, sagte er und nannte das Manifest „einen dringend nötigen Plan, um von Worten zu Taten zu kommen“.
FUEN-Präsident Loránt Vincze erklärte, das Manifest sei das Ergebnis eines 18-monatigen Expertenprozesses unter Beteiligung von Wissenschaft, Institutionen und Zivilgesellschaft in ganz Europa. Er bezeichnete das Dokument als „Vermächtnis des derzeitigen FUEN-Präsidiums“ und als „Wegweiser für die nächste Generation der Minderheitenarbeit“.
„Wir haben viele gute Dokumente und Erklärungen, aber ohne eine Struktur, die politische Wirkung entfalten kann, bleiben sie nur Worte auf Papier. Das Minderheitenmanifest und der geplante Europäische Minderheitenrat sollen das ändern“, so Vincze.
Die Podiumsteilnehmerinnen Elvira Kovács und Anna Jungner-Nordgren schlossen sich dem Aufruf zu mehr Engagement und Zusammenarbeit an. Kovács betonte die Verantwortung europäischer Institutionen, insbesondere des Europarats, während Jungner-Nordgren die Bedeutung sprachlicher Vielfalt und neuer Technologien hervorhob: „Europas Vielfalt darf nicht nur auf dem Papier bestehen – sie muss gelebt werden.“

Das am Freitag, dem 24. Oktober, von der FUEN-Delegiertenversammlung verabschiedete Minderheitenmanifest für die Zukunft bekräftigt das Prinzip „Nichts über uns ohne uns“ und enthält konkrete Maßnahmen für die kommenden Jahre. Der ambitionierteste Vorschlag ist die Einrichtung eines Europäischen Minderheitenrats (European Minority Council, EMC) – eines internationalen Netzwerks, das Europas nationale und sprachliche Minderheiten eine stärkere und besser koordinierte Stimme geben soll.
Der EMC soll:
- die Interessen und Positionen der traditionellen nationalen und sprachlichen Minderheiten auf europäischer und internationaler Ebene vertreten und koordinieren;
- als Forum für den Dialog zwischen Entscheidungsträgern, Aktivistinnen, Wissenschaftlern und Expertinnen im Bereich der Minderheitenrechte dienen;
- Partnerschaften mit Europarat, Europäischer Union, Vereinten Nationen und OSZE aufbauen;
- Fachwissen zu EU-Erweiterungsprozessen und zur Umsetzung der Kopenhagener Kriterien einbringen;
- ein strategisches Dokument zur Zukunft des Minderheitenschutzes entwickeln, einschließlich Vorschlägen für einen EU-Rechtsrahmen sowie für den Beitritt der EU zum Rahmenübereinkommen und zur Sprachencharta;
- als ständiges Beratungsorgan für Minderheitenfragen fungieren und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit fördern.
In den Worten des Manifests soll der EMC „zum stärksten und sichtbarsten Ausdruck eines gerechten Europas werden, in dem Minderheiten unterstützt und respektiert werden.“
Gemeinsam markieren das Minderheitenmanifest für die Zukunft und der vorgeschlagene Europäische Minderheitenrat einen wichtigen Schritt hin zu einem erneuerten, kohärenteren europäischen Rahmen für Minderheitenrechte – gegründet auf Teilhabe, Partnerschaft und gemeinsamer Verantwortung.
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